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Innovator of the month – Timo Schwarzer (Software byTS)

Kürzlich holte er den zweiten Platz beim CyberOne in der Kategorie Industrial Tech. Mit seinem Unternehmen Software byTS ist er auf Softwarelösungen und Robotik spezialisiert. Timo Schwarzer, der sich selbst auch ein wenig als Träumer bezeichnet, ist unser Innovator of the month.

Anne Dröge: Du spielst derzeit mit zwei Namen – zum einen geistert Software byTS herum und zum anderen gibt es den Namen Robotified, der uns begegnet. Vielleicht kannst du uns dazu kurz abholen und aufklären.

 

Timo Schwarzer: Die Reise begann vor anderthalb Jahren, und es gibt sogar noch einen dritten Namen, nämlich CobotHub. Zu Beginn dieses Jahres entschieden wir uns jedoch im Team, uns von CobotHub zu trennen. Gemeinsam einigten wir uns darauf, den Namen nicht weiterzuführen. Anschließend suchte ich nach einem eher generischen Namen für die neue Firma. Dabei kam mir die Idee zu byTS – ein Wortspiel, das sich auf „Bytes“ bezieht. So nannte ich die Firma schließlich Software byTS. Für unser Produkt benötigte ich jedoch einen eigenen Namen. Daher entschied ich mich für Robotified. Im Nachhinein habe ich festgestellt, dass die unterschiedlichen Namen mitunter für Verwirrung sorgen können.

 

Anne: Kannst du anhand eines Elevator Pitches kurz und knapp vorstellen, was die Idee hinter Robotified ist?

 

Timo: Die Automatisierung in der Industrie steht vor einer großen Herausforderung: Es gibt zahlreiche Anbieter auf dem Markt, und jeder verwendet eine eigene proprietäre Programmiersprache. In Produktionslinien finden sich Roboter von Kuka, Fanuc, Mitsubishi und vielen anderen Herstellern – alle mit unterschiedlichen Programmiersprachen. Dieses Problem verschärft sich angesichts des Fachkräftemangels, der durch einen zusätzlichen Mangel an spezialisierten Kräften noch gravierender wird.

 

Hier setzt Robotified an: Unsere Plattform ermöglicht es, mit nur einer Programmiersprache Roboter verschiedenster Hersteller zu steuern. Wir setzen auf weit verbreitete Sprachen wie Python und C++, wodurch wir standardisierte und leicht zugängliche Werkzeuge nutzen. So können Roboteranwendungen effizient entwickelt werden – mit einer einzigen, universellen Sprache und einem breiten Einsatzspektrum.

 

Anne: Das heißt, ihr seid so ein bisschen der Roboterversteher?

 

Timo: Ja, genau. Wir ziehen manchmal Vergleiche, um unser Konzept zu verdeutlichen – beispielsweise mit Druckertreibern: Es gibt Hunderte, vielleicht Tausende verschiedene Druckermodelle. Wenn ich ein Dokument drucken möchte, sende ich es einfach an den Drucker, und es wird ausgegeben. Für die Software, wie Word, spielt es keine Rolle, welche Hardware angeschlossen ist – die Übersetzung in ein für den Drucker verständliches Format erfolgt automatisch.

 

Ähnlich funktioniert es bei uns: Ich programmiere eine Bewegung, etwa von Punkt A nach Punkt B, und unsere Software übersetzt diese Anweisung automatisch in die passende Sprache für den jeweiligen Roboter.

 

Anne: Wenn wir an Roboter denken, gibt es ja unterschiedlichste Arten von Einsatzbereichen. Auf welche Branche fokussiert ihr euch aktuell?

 

Timo: Unser Fokus liegt auf kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs), ohne eine bestimmte Branche ins Visier zu nehmen. Unser Ziel ist es, diesen Unternehmen den Zugang zu einer Vielzahl von Robotern zu erleichtern und ihre Integration zu vereinfachen.

 

Ein Beispiel: Wenn jemand eine KI-gestützte Anwendung entwickelt, die automatisch Löcher in eine Platte bohrt – indem sie die Platte erkennt und präzise am Rand bohrt – könnte diese Anwendung über unseren Marktplatz angeboten werden. Damit könnte beispielsweise eine Schreinerei unkompliziert eine Automatisierungslösung in ihren Betrieb integrieren. Dank unserer Software wird die Bedienung so einfach, dass keine spezialisierten Fachkräfte mehr benötigt werden. Zudem lassen sich später weitere Anwendungen problemlos hinzufügen und nutzen.

 

Anne: Wenn ich dich richtig verstehe, ist euer Fokus aber durchaus in der industriellen Welt – ist das korrekt?

 

Timo: Genau, unser Ansatz richtet sich stark in Richtung Manufacturing, da hier ein enormes Potenzial für Automatisierung besteht. Ein Beispiel: Wenn eine Person den ganzen Tag an einer Schleifmaschine steht, Teile entgratet oder abschleift und diese anschließend beiseitelegt, sind das genau die Aufgaben, die sich ideal für den Einsatz von Robotern eignen. Solche repetitiven und körperlich belastenden Tätigkeiten wollen wir gezielt durch Automatisierung erleichtern.

 

Anne: Jetzt gibt es ja unterschiedliche Visionen, wie sich das Thema Robotik in Zukunft entwickeln wird. Die Chinesen, die sagen, jeder zehnte Arbeitsplatz wird zukünftig von einem Roboter erledigt, aber auch Science-Fiction-Filme, die uns ein Stück weit vielleicht eine Idee geben, wie die Zukunft aussehen kann. Was ist denn deine persönliche Vision von Robotik im Jahr 2035-2050?

 

Timo: Ich wünsche mir, dass genau diese Aufgaben endlich angegangen werden und der deutsche Mittelstand seine Scheu vor Innovationen verliert. Zukünftig sollte es selbstverständlich sein zu sagen: „Mit diesem Tool, mit dieser Software, kann ich manuelle Tätigkeiten automatisieren.“ Dabei muss niemand Angst haben, dass Roboter Arbeitsplätze wegnehmen – denn oft fehlen ohnehin die Menschen, um diese Stellen zu besetzen. Stattdessen können Unternehmen ihre Innovationskraft und Effizienz erheblich steigern, wenn sie stärker auf Automatisierung setzen.

 

Ein kleiner Ausblick: Ich arbeite eng mit einem Schweizer Startup zusammen, und gemeinsam entwickeln wir einen halb-humanoiden Roboter auf Rollen. Unser Ziel ist es, dass ein solcher Roboter bis 2035 Aufgaben wie das Einräumen von Regalen in Supermärkten übernehmen kann – ein enormer Use Case angesichts des Fachkräftemangels. Gerade für solche monotonen Tätigkeiten finden sich immer weniger Menschen, die diese Arbeiten übernehmen möchten. Genau hier setzen wir an.

 

Anne: Es gibt viele Menschen denen die neuen Technologien wie KI und Robotik Angst machen. Was sagst du diesen Menschen?

 

Timo: Gerade in Deutschland muss klargestellt werden: Wenn wir nicht stärker auf Automatisierung setzen, laufen wir Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Angst vor dieser Entwicklung ist unbegründet. Künstliche Intelligenz ist letztlich nichts anderes als ein Modell, das auf eine spezifische Aufgabe optimiert ist – keine echte Intelligenz. Zudem bleibt immer eine übergeordnete Software erforderlich, die diese Prozesse überwacht.

 

Statt Ängste zu schüren, sollten wir die Chancen erkennen: Automatisierung kann uns helfen, uns stärker von der Abhängigkeit von der Automobilindustrie zu lösen und neue, vielfältige Möglichkeiten zu erschließen. Mit mehr Automatisierung können wir den Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig stärken und zukunftssicher machen.

 

Anne: Was sind denn aktuell die Themen, die deine Kunden treiben? Was ist der größte Pain Point?

 

Timo: Der größte Schmerzpunkt ist der akute Personalmangel, insbesondere für monotone, repetitive Aufgaben, die sich ideal für Roboter eignen. Ein typisches Beispiel: Ein Mitarbeiter verbringt den ganzen Tag damit, ein Teil auf ein Schleifgerät zu setzen, um es zu entgraten. Solche Mitarbeiter gehen oft bald in Rente, und es findet sich niemand mehr, der bereit ist, diese Tätigkeiten zu übernehmen.

 

Das treibt viele Unternehmen dazu, nach Roboterlösungen zu suchen. Doch die Umsetzung durch einen Integrator ist oft teuer und stellt eine zusätzliche Hürde dar. Selbst wenn sich die Investition in zwei bis drei Jahren amortisieren würde, zögern viele, diesen Schritt zu gehen. Deshalb braucht es standardisierte, leicht zu programmierende Anwendungen, die Unternehmen einen unkomplizierten Einstieg in die Automatisierung ermöglichen.

 

Anne: Du bist kürzlich beim CyberOne in der Kategorie Industrial Tech auf den zweiten Platz gekommen. Herzlichen Glückwunsch noch dazu. Was bedeutet dir persönlich diese Auszeichnung?

 

Timo: Ich finde es wirklich großartig, dass ich bis zum Ende dabei war. Ursprünglich gab es über 80 Bewerberinnen und Bewerber in allen Kategorien, und ich schätze, allein im Bereich Industrial Tech waren es rund 25. Sich in einem so starken Teilnehmerfeld durchzusetzen und zu zeigen, dass unser Businessmodell und Produkt überzeugend genug sind, um den zweiten Platz bei einem so hart umkämpften Award zu erreichen, ist ein enormer Erfolg. Es gibt einem einen echten Motivationsschub, zu sehen, dass die Idee ankommt und ihren Mehrwert erkannt wird.

 

Das ist für mich das Beste daran: Gerade in schwierigen Zeiten, wenn es mal nicht so rund läuft, kommt so ein positiver Impuls von außen. Er bestätigt: Du bist auf dem richtigen Weg, dein Einsatz hat Sinn. Also weitermachen, dranbleiben und weiterkämpfen – denn es lohnt sich!

 

Anne: Was war für dich das größte Learning aus dem gesamten Prozess?

 

Timo: Ich habe erneut festgestellt, dass ein starkes Netzwerk wirklich das A und O ist. Die vielen Menschen, denen man auf einer solchen Reise begegnet, bringen so unterschiedliche Perspektiven und wertvolle Impulse mit. Besonders beim CyberOne Award, wo Vertreter aus ganz verschiedenen Branchen zusammenkommen, ist der Austausch unglaublich bereichernd. Mit ihnen zu sprechen und das eigene Thema aus völlig neuen Blickwinkeln zu betrachten, ist einfach großartig. Es wird einem einmal mehr bewusst: Networking ist der Schlüssel zum Erfolg!

 

Anne: Generell mal den Blick auf Baden-Württemberg gelenkt. Inwiefern hast du hier eine gute Heimat für dein Start-up?

 

Timo: Ich fühle mich hier in Baden-Württemberg sehr wohl und würde nicht wegziehen. Allerdings ist es hier schwierig, Investitionen zu bekommen. Bei Pre-Seed-BW beispielsweise geht es nur um 40.000 Euro, was in der Region ziemlich konservativ ist. Man muss schon viel vorweisen, um überhaupt so eine Summe zu erhalten. Es fehlt an Investoren, die bereit sind, mehr Risiko einzugehen.

 

Es wäre schön, wenn sich das ändern würde, damit auch Early-Stage-Start-ups mehr Unterstützung erhalten. Am Anfang war es für uns sehr schwer, Finanzierungen zu sichern. Schließlich haben wir ein Exist-Stipendium an der Hochschule Esslingen erhalten, wofür wir sehr dankbar sind.

 

Anne: Was motiviert dich gerade?

 

Timo: Momentan motiviert mich besonders die Kooperation mit dem Schweizer Startup. Die Idee, einen halb-humanoiden Roboter zu entwickeln, finde ich richtig spannend. Seit sieben Jahren arbeitet das Team an der Hardware an der ETH Zürich, und ich bin dafür verantwortlich, die Software zu entwickeln. Jetzt verschmelzen wir beide Bereiche, und ich habe wirklich Lust, das voranzutreiben. Stell dir vor, der erste Prototyp fährt bei mir zuhause herum, und ich sage ihm, er soll mir einen Kaffee bringen oder die Spülmaschine ausräumen – und er macht es einfach. Darauf freue ich mich richtig!

 

Anne: Was würden Freunde über dich sagen? Welche drei Eigenschaften zeichnen dich als Unternehmer aus?

 

Timo: 

  1. Offenheit – Ich bin ein offenes Buch und mache kein Geheimnis daraus, wie es bei mir läuft, was ich tue und wo ich scheitere.
  2. Durchhaltevermögen – Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, gebe ich nicht auf, bis ich es geschafft habe.
  3. Naivität – Manche denken vielleicht, dass ich naiv bin, weil ich meinen Job aufgegeben habe, um mit einer Idee durchzustarten. Vielleicht bin ich auch ein wenig ein Träumer.

 

Anne: Man könnte auch sagen Visionär. Vielen Dank für das Gespräch mit dir, Timo.

 

 

Kontakt

Software byTS GmbH

Timo Schwarzer

Website: Software & Robotics byTS | ROS

E-Mail:  info@software-byts.de