Geschäftsführer Michael Mai ist unser nächster Innovator of the Month. Im Gespräch mit dem bwcon-Regional Board Kirchheim und dem DigiHub DigitalFuturES gibt er uns Einblicke in seine tägliche Arbeit und wie die Transformation vom Service-Dienstleister zum Maschinenbauer zustande kam.
Anne Dröge (Leiterin Regionalbüro Kirchheim-Nürtingen): Lieber Michael, kannst du uns dein Geschäftsmodell in ein paar Sätzen erklären?
Michael Mai: Wir bauen innovative, kompakte Schleiflösungen für die Universal- und Produktionsanwendung. Wir sind sehr nah am Kunden und unterstützen ihn bei der Prozessfindung in der Maschinenauslegung und im Betrieb der Maschine. Wir sind sehr daran interessiert den Kunden auch über die Laufzeit der Maschine mit Service, Ersatzteilen und dann gegebenenfalls Weiterentwicklungen seines Schleifportfolios zu unterstützen.
Anne Dröge: Was war der Ursprung deines Geschäfts? Wie kam dir die Idee? Und was ist aktuell der Ausblick? Wie geht es in Zukunft weiter?
Michael Mai: Wir feiern in diesem Jahr unser 30-jähriges Jubiläum. Der Ursprung war die Insolvenz von Hahn&Kolb und der somit einhergehenden Arbeitslosigkeit meines Vaters. Er hat dies glücklicherweise als Chance begriffen, sich selbstständig gemacht und über die Jahre das Geschäft aufgebaut. Heute haben wir 17 Mitarbeitende und haben uns vom Service-Dienstleister zum Maschinenbauer entwickelt.
Aktuell ist die Standardisierung im Markt ein großer Trend. Die Standardisierung führt dazu, dass die Maschinen immer größer werden, da mehr Funktionalitäten in einem Standard verbaut werden. Fläche kostet aber auch Geld und unsere Kunden spiegeln uns, dass sie lieber kleine und auf ihren Anwendungsbereich abgestimmte Lösungen benötigen. Die ideale Maschine definiert sich über Preis pro Stück pro Quadratmeter. Alles, was Standard ist, geht über einen gewissen Baukasten und wird dann in der Flexibilisierung teuer - das ist genau unsere Nische!
Wir haben keinen Standardbaukasten, sondern machen Sonderlösungen für die Bearbeitung von Zielprodukten. Wir optimieren durch z.B. Taktzeitreduzierung, individuelle Anpassungen, Qualitätserhöhung, Verbesserung in der Handhabung und machen dann die Prozess-Applikation bis zum Ende.
Anne Dröge: Was würdest du sagen ist die größte Herausforderung, wenn man ein bestehendes Geschäft übernimmt? Du hast das Unternehmen ja von deinem Vater übernommen.
Michael Mai: Die Herausforderung ist es, vom Selbständigen zum Unternehmer zu werden. Wenn man sich Gründende anschaut, dann sprühen diese vor Passion und Leidenschaft und kämpfen sich durch die Tränentäler, weil sie ein Ziel vor Augen haben. Diese Leidenschaft hat mein Vater mitgebracht. Da er sehr technisch orientiert ist, hat er mir zunächst den Bürobereich übertragen. Aus dieser Position heraus ist es meine größte Herausforderung, das Wissen und die Erfahrung meines Vaters “abzuzapfen”. Ich versuche dieses Wissen zu konservieren durch Dokumentation, Check-Listen und Prozesse. Auch habe ich nach und nach das Geschäftsmodell transformiert, so dass es zu mir passt. Das hat bei mir die Leidenschaft geweckt!
Ursprünglich gab es einen sehr starken Fokus auf den Service-Bereich. Nach und nach haben wir uns nun zum Maschinenbauer entwickelt. Ich habe angefangen mit Retrofit und kaufe dafür alte Maschinen auf. Für die Konstruktion nehmen wir die alte Basis - oder wie wir sagen “Bett” - und bauen darauf die neue Maschine mit neuen Baugruppen, Spannsystemen, etc. Mittlerweile haben wir auch unser erstes Maschinenbett selbst konzipiert!
Unsere Transformation vom Service-Dienstleister zum Maschinenbauer ist vollzogen und ich habe meine Leidenschaft gefunden für die ich als Unternehmer stehe!
Anne Dröge: Was bedeutet für dich - in Bezug auf dein Business - das Schlagwort “Regionalität”?
Michael Mai: Ich versuche meine größeren Zulieferer so nah wie möglich zu haben. Ich mag persönliche Kontakte und nehme lieber das Telefon in die Hand, als eine E-Mail zu schreiben. Die großen Teile unserer Gewerke kommen aus Wolfschlugen und Reutlingen. Daher bin ich schneller und mir wird schneller geholfen. Auch der Großteil unserer Kunden sitzt in Baden-Württemberg.
Anne Dröge: Was bedeutet für dich – in Bezug auf dein Business – das Schlagwort “Nachhaltigkeit”?
Michael Mai: Durch die Wiederverwendung des Maschinenbetts gewinne ich auf mehrfache Weise: Ich profitiere davon, da die Kosten für ein Maschinenbett entfallen. Zudem haben die alten Produkte auch eine andere Wertigkeit als eine rein neue Maschine und dadurch eine bessere Qualität. Außerdem ist es für die Menschen, die die Maschine nachher bedienen, ein großer Vorteil, wenn sie auf Bekanntes treffen. Ich erlebe es immer wieder, dass Menschen Angst vor Veränderung haben.
Nach dem Umbau der alten Maschine hat diese ein neues Interface, welches die alte Maschine steuert. Ansonsten funktioniert die Maschine gleich. Mit unserem Retrofit-Konzept arbeiten wir dann daran, dass sie effizient ist und wenig Energiebedarf hat oder forcieren eine Umstellung von Hydraulik auf Pneumatik. Durch die leichteren modernen Einbauteile lassen sich beim Ressourcenverbrauch große Vorteile erzielen.
Anne Dröge: Gibt es eine unternehmerische Persönlichkeit, die dich inspiriert?
Michael Mai: Da möchte ich meinen Vater und meine Mutter nennen, weil sie den Mut aufgebracht haben zu gründen, an einem Punkt im Leben, an dem es sicher nicht leicht und mein Vater arbeitslos war. Daher habe ich gelernt, dass man erreichen kann, an was man glaubt!
Inspirierend finde ich auch einen Mitarbeiter, der seit 40 Jahren in der Schleifbranche aktiv ist und Prozesse entwickelt, die nach Jahrzehnten noch laufen. Er ist zwar kurz vor der Rente, aber seine Leidenschaft und Motivation führen dazu, dass er auch samstags Lösungen für Probleme aufzeichnet. Mein Ziel ist, diese Leidenschaft auch im Alter noch zu haben!
Anne Dröge: Wenn du einen Wunsch in Hinblick auf dein Unternehmen frei hättest – was würdest du dir wünschen?
Michael Mai: Ein stabiles Umfeld wäre wünschenswert, um die Firma mit meinem Team weiterzuentwickeln und dass nicht so viel Negatives auf uns einprasselt. Ich würde gerne einen Rahmen schaffen, in dem sich alle wohlfühlen und wir Spaß haben!
Anne Dröge: Was sind die wichtigsten Eigenschaften, die dich als Unternehmer auszeichnen?
Michael Mai: Ich bin initiativ. Wenn ich eine Herausforderung sehe, springe ich auf das Thema an. Außerdem setze ich auf Teamarbeit. Ich arbeite gerne mit den Menschen zusammen. Und ich finde es wichtig, Raum für andere zu lassen. Die anderen helfen mir, die Ideen in die Umsetzung zu bringen.
Das KI:NT Regionalboard und Digital.FuturES wollten mehr von dem Gründer erfahren.
Peter Greiner (Managing Shareholder Grevest Beteiligung GmbH): Inwiefern siehst du die digitalen Technologien als Chance, dass die deutschen Unternehmen auf dem Weltmarkt weiterwachsen?
Michael Mai: Es entsteht eine extreme Schere, denn der Know-How-Gewinn, findet in einer Nische statt. Die Adaption in andere Bereiche ist oft schwierig, da wir die Menschen mitnehmen müssen. Unsere Aufgabe ist es daher, eine einfachere Handhabung der Maschinen zu ermöglichen und sie dabei zu unterstützen die neuen Technologien einfach nur zu benutzen, um einen Mehrwert für den Einzelnen zu generieren.
Lars Lehner (Geschäftsführer / CEO von L E H N E R SENSOR-SYSTEME): Stichwort Automatisierung:Ist es ein Ziel von euch, Personen zu reduzieren?
Michael Mai: Jein, wir brauchen dringend die Automatisierung. Ein Drittel der Maschinen geht zwischenzeitlich mit Vollautomatisierung raus, bei der dann der Mensch nur das benötigte Material nachfüllen muss. Beim Thema Nutzungsdaten sehe ich allerdings, dass die Kunden eher zurückhaltend sind und nach der Installation die Connectivity lösen, denn viele möchten zwar von den Daten profitieren, aber selbst nichts preisgeben.
Christian Bell (Senior Business Architect iteratec GmbH): Kunden haben häufig Schwierigkeiten, zu formulieren was sie wollen. Mit wem sprecht ihr beim Kunden?
Michael Mai: Wir versuchen die Werkerinnen und Werker bei der Erstellung des Konzeptes mit einzubeziehen. Je höher die Hierarchie, desto mehr Wert wird auf die Optik des Produktes gelegt. Oft ist es die Herausforderung, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, die nachher die Maschine bedienen. Für uns gilt: Die erste Maschine kaufen Einkäuferinnen und Einkäufer, die zweite Meisterinnen und Meister!
Christian Bell: Was macht ihr, wenn euch ein Fehler unterlaufen ist?
Michael Mai: Da bin ich manchmal neidisch auf die Software-Leute, die spielen einfach ein Update ins System. Wir tun uns bei Fehlern schwer im Nachbau. Grundsätzlich gilt es bei Fehlern, sich zu entschuldigen, den Fehler einzugestehen und gemeinsam eine Lösung zu entwickeln. An der Kundenfront mache ich im Rahmen meiner Möglichkeiten keine Kompromisse!
Paul Mirsch (Gründer & IT-Expertebiparso GmbH): Wenn der Kunde einen Fehler auf dich abwälzt – wie reagierst du da?
Michael Mai: Transparenz und Ehrlichkeit ist für mich extrem wichtig. Ich formuliere höflich, aber klar und auf Augenhöhe und zeige dadurch auch unsere Kompetenz.
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