Die Zukunft der Landwirte ist unsicher, die Branche steht vor finanziellen und gesellschaftlichen Herausforderungen. Die Bundesregierung hat im Jahr 2020 ihre Vision für die Landwirtschaft der Zukunft veröffentlicht, die sowohl durch öffentliche Förderung als auch durch Markterlöse für Lebensmittel erreicht werden soll. Die Ziele sind klar: eine attraktivere Berufsaussicht für Landwirte, günstigerer Zugang zu lokalen Lebensmitteln für die Gesellschaft und die Förderung einer wachsenden Agrarwirtschaft.
Lenn Hoffmann bietet in Nürtingen all das, sogar mit Profit: durch die Schaffung einer Infrastruktur zwischen Bauer und Kunde mit einem Lieferservice für regionale Produkte direkt vom Bauern, unterstützt durch eine Onlineplattform. Er und sein Team haben beim Young Founders Event 5.0 in Berlin den zweiten Platz bundesweit in der Kategorie „Digital Products & Services“ gewonnen. Im Interview gibt er Einblicke in seine Geschäftsidee.
Beschreibe deine Idee in 3 Sätzen
Bei mir kam tatsächlich erst das Unternehmen und dann die Idee! Ursprünglich habe ich mit meinem Klassenkameraden eine Challenge gemacht und es ging darum 30 Eier unserer Hühner über eine App zu verkaufen. Die Resonanz war so gut, dass wir den Bedarf gerne auch langfristig decken wollten und dann gestartet sind. Unser Ansatz ist es, die Verbindung zwischen Bauern und Kunden zu reaktivieren; sozusagen eine Art Lieferando vom Bauern.
In welchem Stadium steht das Projekt?
Derzeit beliefern wir jede Woche 100 Haushalte. Das bedeutet eine Auslieferzeit von 4,5 Stunden. Wir versuchen hier auf Fokusgebiete zu setzen und diese Wabe für Wabe zu erschließen, um möglichst effizient zu sein. Um eine möglichst hohe Abdeckung in einem Gebiet zu erreichen, machen wir auch einfach den Vertrieb an der Haustür. Das hat sich bewährt! Unsere Vision ist es, die Bestellung mittels der App zu steuern, denn neben Eiern haben wir auch Gemüse, Spaghetti, Kartoffeln und Honig im Sortiment.
Wer sind deine Mitstreitenden?
Wir sind im Grunde vier Freunde. Mein ehemaliger Klassenkamerad, Jonas Nolte, der mit mir ursprünglich auch die Challenge machte, kümmert sich noch mit einem weiteren Kollegen um die App und die IT. Laurent Kielkopf macht eigentlich eine Ausbildung, hilft mir aber jeden Dienstag bei der Auslieferung. Ich selbst kümmere mich fulltime um Vertrieb, Vision und alles, was so anfällt.
Was ist euer USP?
Im Grund machen wir es ähnlich, wie „Frisch vom Acker“ auf der Ostalb. Unser Bestreben ist es, eine Einkaufserweiterung zu sein, kein Einkaufsersatz. Unser Ziel ist es, dass in 5 Minuten jeder seine Bestellung erledigt hat und dann seine Waren vor der Haustür stehen. Das ist deutlich schneller, als in den Supermarkt zu gehen. Durch die App wollen wir eine moderne Umsetzung von einem klassischen Business erreichen. Unser langfristiges Ziel und unsere Vision ist es, Bauern eine Plattform anbieten zu können, auf der sie ihre Produkte einpflegen können. Das würde dann auch skalieren.
Was bedeutet für dich - in Bezug auf dein Business - das Schlagwort “Regionalität”?
Die regionale Verbundenheit ist der Kern unseres Business. Man merkt den Unterschied beim Produkt und der Qualität. Meine Mutter hat schon immer gesagt: „Gutes Essen darf auch etwas kosten“. Ich bin auch lokal verwurzelt, denn meine Großeltern haben einen Bauernhof. Außerdem ist bei mir die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) vor der Haustür. Mit dem Team von Zukunft.Gründen haben wir als Jungunternehmer eine Anlaufstelle und finden Unterstützung und Sparring Partner.
Was war dein Highlight eurer seitherigen Reise?
Wir haben den 2. Platz in der Kategorie „Digital Services & Products“ beim bundesweiten Startup Teens Wettbewerb gewonnen und waren beim Finale in Berlin dabei. Das war schon unser absoluter Höhepunkt!
Was bedeutet für dich – in Bezug auf dein Business – das Schlagwort “Nachhaltigkeit”?
Im Grunde ist dies unser zweiter Hauptfokus und die Regionalität impliziert dies. Unterstreichen tun wir diese Ausrichtung dadurch, dass wir mit unserem Elektrofahrzeug ausliefern und dadurch eine Co2 neutrale Lieferung ermöglichen. Das Recycling der Eierkartons mittels Pfandsystem führt dazu, dass kein Verpackungsmüll entsteht und den Salat gibt’s auf die Hand. Langfristig wollen wir als Verpackung auch mit Stoffbeuteln agieren.
Mit welcher Person würdest du dich gerne mal über dein Projekt austauschen?
Den Austausch mit jungen Gründerinnen und Gründern, die vielleicht schon ein paar Steps weiter sind, ist schon echt bereichernd – zum Beispiel Jan Hecker von Startup Teens oder Florian Pachaly, der Gründer von Recup.
Wie bist du zu der Person geworden, die du heute bist?
Ich denke, das Umfeld ist dafür verantwortlich: Mein Schulfreund, der mich immer wieder herausfordert, meine Oma und mein Opa, bei denen ich Einblicke in deren Bauernhof bekommen habe und natürlich meine Eltern, die mich bei meinen Aktivitäten unterstützen.
Wenn du einen Wunsch in Hinblick auf deine Idee frei hättest – was würdest du dir wünschen?
Ich habe großartige Mitarbeiter, die mit mir an einem Strang ziehen. Aber mehr noch wäre es für mich wichtig, einen Co-Founder zu haben, der als Mitstreiter aktiv wird und die Vision mitgestaltet.
Was sind die drei wichtigsten Eigenschaften, die dich als Unternehmer auszeichnen?
Zum einen Konsistenz und Durchhaltevermögen. Seit ich 15 Jahre alt bin fahre ich jeden Dienstag Eier aus. Zum anderen ein Umfeld, das mich immer wieder „challenged“ und meine Affinität zu Social Media und neuen Trends.
Das KI:NT Regionalboard und Digital.FuturES wollten mehr von dem Gründer erfahren
Paul Mirsch, Gründer von Biparso: Wie hat dein Umfeld reagiert? Was würdest du anders machen, wenn du nochmal starten würdest?
Meine Klassenkameraden nannten mich „Lenn, der Eiermann“. Für mich war das eine positive Rückmeldung. Generell habe ich eher positive Erfahrungen gemacht und kaum Gegenwind erfahren. Beim Haustürklingeln war ich am Anfang zurückhaltend, habe aber gelernt, dass man keine Angst haben muss. Ich würde gar nicht viel anders machen, da ich aus den Fehlern auch viel gelernt hat!
Peter Greiner, Managing Shareholder Grevest Beteiligungs GmbH: Was sind das für Kunden? Zielgruppen?
Die Familien sind für uns der größte Umsatztreiber, aber die älteren Leute führen zu regelmäßigen Abnahmen. Durch die Klingelaktion erwischen wir hauptsächlich diejenigen, die zu Hause sind und dadurch entsteht eine gewisse Zielgruppenfokussierung.
Hanna Schöberl, Gründerin von Kurz Karkassenhandel: Was unterscheidet euch von der „Grünen Kiste“ oder dem klassischen Eiermann?
Eigentlich wollen wir den klassischen Eiermann in modern wiederbeleben. Viele der Bauern, die das ursprünglich gemacht haben, haben dieses Business aufgehört. Ergänzend dazu wollen wir eine individuelle Auswahl anbieten und keine Verpflichtung zur Abnahme, wie bei einer Biokiste. Als nächstes wollen wir regionale Milch ins Portfolio nehmen. Das ist nicht ganz einfach aufgrund der Auflagen, aber es ist ein USP, den wir gerade aufbauen wollen.
Kai Kölsch, Co-Founder & Managing DirectorCo-Founder & Managing Director Seedbox Ventures : Dein Wille und Ehrgeiz sind deutlich erkennbar – Was ist denn deine Vision? Was ist in 10 Jahren?
Ich habe immer einen Plan B und mache mir zunächst mal einen 1-Jahres-Plan. Im Moment arbeite ich fulltime für mein Business, bin aber auch eingeschrieben in der Uni. Meine langfristige Vision ist ein landes- bis bundesweiter Plattformansatz. Grundsätzlich kann ich mir irgendwann auch einen Exit vorstellen. Kurzfristig steht aber erst mal die Erweiterung auf die umliegenden Städte an.
Peter Greiner: Was hast du bei anderen Angeboten bemerkt, was du besser machen würdest?
Im Kopf habe ich ein Bild, dass die Kunden die Waren wie frisch vom Markt bekommen sollen. Bei Konkurrenten ist mir oft die unübersichtliche Website aufgefallen mit meist erschlagender Auswahl, das wollen wir mit unserer App anders machen. Durch eine für jeden einfach zu bedienende App mit dem klassischen Bauernportfolio von 6 Produkten: Eier, Kartoffeln, Gemüse, Honig, Milch und Spaghetti, machen wir das Bestellen für jeden einfach.
Kontakt:
Lenn Hoffmann
Email: lenn.hoffmann@gmx.de