Anne Dröge: Der Name Mader oder LOOXR ist bei uns in der bwcon häufig benutzt, und zwar als beispielhafte Innovation, wenn es darum geht, ein Geschäftsmodell umzustellen, und dann kommt immer die Begrifflichkeit der digitalen Luft ins Spiel. Was bedeutet das?
Helen Landhäußer: Wir verwenden den Begriff "digitale Luft", um zu erklären, dass wir durch Digitalisierung Ressourcen einsparen, speziell bei industrieller Druckluft. Druckluft ist ein teures Betriebsmedium, das in Produktionsprozessen eingesetzt wird. Konservativ geschätzt können wir 20-25 % der Energiekosten einsparen. Allein in Deutschland verursachen Druckluftsysteme Energiekosten von ca. vier Milliarden Euro – durch Einsparungen könnten wir jährlich etwa 860 Millionen Euro sparen. Diese Summe könnte Städte wie Leipzig, München und Stuttgart mit Energie versorgen. Das zeigt, wie wichtig es ist, Druckluft transparenter zu machen, da viele bisher keine genaue Vorstellung von den Kosten hatten. Unser Ansatz: Transparenz schaffen und durch digitale Lösungen effizient Energie einsparen.
Anne Dröge: Ihr habt damals den Weg beschritten, eine Ausgründung zu machen und LOOXR als eigene Gesellschaft zu gründen. Was war der Treiber für diese Veränderung?
Helen Landhäußer: Wir wollten die Digitalisierung in unsere eher traditionelle Branche bringen und haben 2014/2015 begonnen, Smartphones für den industriellen Kontext zu nutzen. Daraus entstand ein datengetriebenes, digitales Geschäftsmodell. Mader, ursprünglich ein Handels- und Dienstleistungsunternehmen, fokussierte sich auf die Prozesskette der Druckluft und Energieeffizienz, war aber kein Hersteller. Mit LOOXR veränderte sich unsere Arbeitsweise: Wir arbeiteten plötzlich mit Daten, Software und in Sprints, was in unserem Mutterunternehmen neu war. Diese unterschiedlichen Denkweisen führten zur Ausgründung von LOOXR, um als unabhängiges Unternehmen am Markt neutral auftreten und auch andere Marktbegleiter neben der Mutter bedienen zu können.
Anne Dröge: Jetzt gab es kürzlich große, einschneidende Veränderungen im August 2024. Wir haben in der Presse nachvollziehen können, dass du jetzt zusammen mit deinem Bruder in der Geschäftsführung von Mader eingestiegen bist.
Helen Landhäußer: Mader begleitet unsere Familie schon lange, da mein Vater einer der Gesellschafter ist. Als er uns fragte, ob wir uns vorstellen könnten, ins Unternehmen einzusteigen, waren meine Geschwister und ich zunächst skeptisch. Wir kommen alle aus digitalen Umfeldern und konnten uns das zunächst im traditionellen Firmenkonstrukt nicht vorstellen. Dann entstand LOOXR im Jahr 2018, ein digitales Geschäftsmodell, das mir die Chance bot, diese Idee in die Realität umzusetzen. Vor zwei Jahren begannen wir aus verschiedenen Gründen intensiv über die Zukunft von Mader nachzudenken, auch aus familiärer Sicht. Mader und LOOXR bieten uns die Möglichkeit, Innovation und Digitalisierung in eine Branche zu bringen, die viel Potenzial hat, vor allem in Bezug auf Energieeinsparung. Wir haben eine Strategie bis 2030 entwickelt, um Marktveränderungen frühzeitig zu begegnen. Unser Ziel ist, das Unternehmen nachhaltig und wirtschaftlich erfolgreich fortzuführen, genau wie unser Vater es gemeinsam mit seinem Partner aufgebaut hat.
Anne Dröge: Du hast gerade den Dreiklang angesprochen. Ihr seid drei Geschwister, die jetzt alle drei bei Mader eingestiegen sind. Wie ist das so mit den Geschwistern im Unternehmen?
Helen Landhäußer: Ich hatte großen Respekt davor, da wir als Familie sehr eng sind und ich Sorge hatte, dass sich unser Verhältnis ändert, wenn wir beruflich zusammenarbeiten. Mein Bruder, der sieben Jahre bei Google war, und meine Schwester, die im IT-Controlling bei Bosch tätig war, kommen beide aus ganz anderen Welten. Diese Kombination von Mittelstand und digitaler Erfahrung bringt natürlich Herausforderungen mit sich. Glücklicherweise haben wir unterschiedliche Stärken, sodass wir uns in der Arbeit ergänzen, ohne uns direkt in die Quere zu kommen. Trotzdem war die größte Hürde, die Entscheidung gemeinsam zu treffen. Wir haben intensiv an einer Familiencharta gearbeitet, um sicherzustellen, dass unser persönliches Verhältnis im Vordergrund bleibt.
Anne Dröge: Welche Ziele habt ihr euch für die Zukunft gesteckt?
Helen Landhäußer: Aufgrund verschiedener Veränderungen auf unserem Markt wollen wir langfristig sicherstellen, dass wir unsere Kunden vollumfänglich so betreuen können, dass wir zum einen immer nahe am Kunden sein können und diese auf der anderen Seite bei ihren Klimaneutralitäts- und Nachhaltigkeitsbestreben unterstützen können.
Mit unserem einzigartigen Produktportfolio, insbesondere durch LOOXR, positionieren wir uns als One-Stop-Shop für industrielle Druckluft. Unser Fokus liegt auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Um langfristig zu bestehen, haben wir uns bewusst für ein Wachstum entschieden. Unser Ziel ist es, Europas größter One-Stop-Shop für industrielle Druckluft zu werden.
Anne Dröge: Was sind momentan eure größten Herausforderungen?
Helen Landhäußer: Die aktuelle Zurückhaltung bei Investitionen spüren wir deutlich, und das sorgt natürlich für Unruhe. Wir haben in wirtschaftlich unsicheren Zeiten gestartet, was eine Herausforderung darstellt. Dennoch glauben wir, dass wir vieles selbst in der Hand haben. Veränderungen wie diese passen nicht für jeden, und verschiedene Mindsets treffen aufeinander. Unsere größte Herausforderung ist es, eine Balance zu finden: die Geschwindigkeit so zu gestalten, dass alle motiviert mitgehen, ohne dabei jemanden abzuhängen. Das ist derzeit unser Fokus – alle auf dem gemeinsamen Weg zu halten und gleichzeitig das Tempo anzupassen.
Anne Dröge: Wie wichtig ist für dich Regionalität?
Helen Landhäußer: Regionalität ist extrem wichtig für uns, sowohl im Kerngeschäft als auch im Kontext der Nachhaltigkeit. Regionale Nähe bedeutet, alle Aspekte der Nachhaltigkeit und des direkten Umfelds im Blick zu haben. Wir sind glücklich, in der Region zu sein, da Netzwerke für uns eine zentrale Rolle spielen. Ohne diese Netzwerke hätten wir LOOXR nicht aufbauen können. Als Handels- und Dienstleistungsunternehmen haben wir uns weiterentwickelt, aber unser langfristiger Bestand hängt davon ab, wie wir unser Geschäftsmodell zukunftsfähig gestalten. Die Regionalität und das Netzwerk sind dabei entscheidende Faktoren.
Anne Dröge: Welchen Stellenwert hat Nachhaltigkeit bei euch im Unternehmen?
Helen Landhäußer: Ich möchte das an einer Geschichte verdeutlichen: Unser Medium ist sehr energieintensiv, bietet aber großes Potenzial in ökologischen Aspekten. Im Jahr 2019, beim zehnjährigen Bestehen unserer Unternehmenswerte, gab es einen Abgleich mit den Mitarbeitenden, ob die Werte noch passen. Dabei äußerten sie den Wunsch, dass Nachhaltigkeit ein Unternehmenswert sein sollte. Das zeigt, wie wichtig das Thema für unser Team ist.
Außerdem: Unsere Fassade ist mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet, die 40% unseres Stroms erzeugt.. Zudem fördern wir soziale Initiativen, z. B. über Programme der IHK, die Jugendlichen helfen, in Ausbildungszweige zu gelangen. So haben wir großartige Mitarbeitende gewonnen.
Anne Dröge: Das klingt super. Ich würde gern noch in eine andere Richtung fragen, und zwar: Mit welcher Persönlichkeit würdest du dich gerne einmal unterhalten? Und warum?
Helen Landhäußer: Ich würde gerne mal mit Karl Albrecht, dem Gründer von Aldi Süd, essen gehen. Ich habe kürzlich einen Podcast gehört, der zeigte, wie faszinierend er das Unternehmen geprägt hat, vor allem in Sachen Verantwortungsübergabe und Unternehmenskultur. Ein Beispiel: Ein junger Geschäftsführer von Aldi Süd musste während eines Urlaubs einspringen und dabei eine Entscheidung treffen, die zur Einführung der Aldi-Eigenmarken führte. Er sparte Kosten, indem er Erbsendosen ohne Markenaufdruck bestellte, was Millionen einsparte. Dieses Vertrauen in Mitarbeitende hat mich beeindruckt.
Anne Dröge: Wir schauen mal, was sich machen lässt :-) Nochmal zurück zu deinen Geschwistern. Welche drei Eigenschaften würden die an dir sehen, die sehr prägend sind für dich als Person? Wie würden die dich beschreiben?
Helen Landhäußer: Ich glaube, meine Empathiefähigkeit und mein Optimismus stehen im Vordergrund. Es ist klar, dass mir die Belange unserer Mitarbeitenden am Herzen liegen. Als positiv denkender Mensch sehe ich Chancen, auch wenn Risiken bestehen. Diese Grundhaltung hilft mir, Herausforderungen leichter zu bewältigen.
Anne Dröge: Ich glaube, das können wir unterschreiben. Vielen Dank für das Interview mit dir.
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