Grundlage der Idee für die Peer Groups bildete eine qualitative Interviewbefragung von 20 Unternehmen aus Baden-Württemberg. Die Ergebnisse der Studie zeigten einen dringenden Weiterbildungsbedarf in Bereichen wie Elektromobilität, agiles Arbeiten, Führungskompetenzen und Datenmanagement. Herausforderungen wie der Fachkräftemangel und die Digitalisierung machen deutlich, dass strukturierte Qualifizierungsstrategien in vielen Unternehmen noch fehlen. Die Studie identifizierte zudem Handlungsfelder wie die Schaffung von Zeit und Raum für Weiterbildung, die Unterstützung durch Führungskräfte und die Etablierung einer Lernkultur. Aber wie gelingt es, Weiterbildungsmaßnahmen nahtlos in den Arbeitsalltag zu integrieren, ohne die Produktivität zu beeinträchtigen?
Das Thema Weiterbildung ist kein neues, doch die Herausforderungen sind aktueller denn je. Der Spagat zwischen operativem Geschäft, Lernzeit und individueller Förderung bereitet vielen Unternehmen Kopfzerbrechen. „Lernen darf nicht als Luxus wahrgenommen werden und nur nebenherlaufen, sondern muss fester Bestandteil des Arbeitsalltags werden,“ erklärt Nico Stricz, Projektverantwortlicher bei bwcon research.
Die Themen im Fokus
Die Peer Group Treffen standen ganz im Zeichen der digitalen Transformation und der damit verbundenen Herausforderungen für die Kompetenzentwicklung. Zahlreiche Vertreter*innen aus unterschiedlichsten Unternehmen der Fahrzeug- und Zuliefererindustrie nahmen an den Veranstaltungen teil und trugen mit ihren Beiträgen zu einer inspirierenden Atmosphäre bei. Zu den Schwerpunktthemen zählten:
- Frei- und Bereitstellung von Lernzeit und -räumen: Die Teilnehmenden diskutierten, wie Unternehmen Raum und Zeit für Weiterbildung schaffen können, insbesondere durch Formate wie festgelegte Lernzeiten, informelle Lerntreffen (z. B. „Brezel-Dialoge“) und den Einsatz von Online-Trainings. Es wurde betont, dass die Unterstützung durch Führungskräfte und die Einbindung von Lernzielen in Jahresgespräche entscheidend für die Motivation der Mitarbeitenden ist.
- Anerkennung der Lernzeit durch Führungskräfte: Die Beteiligung und Unterstützung der Führungsebene ist zentral, um eine produktive Lernkultur zu etablieren. Führungskräfte sollen Lernzeit als Arbeitszeit anerkennen und vorleben, wie Lernen zum Unternehmenserfolg beiträgt.
- Etablierung einer lebenslangen Lernkultur: Angesichts von Veränderungen und den Anforderungen lebenslangen Lernens konzentrierten sich die Diskussionen auf die Schaffung einer positiven, fehlerfreundlichen Lernatmosphäre. Peer-Group-Methoden und "Working Out Loud"-Kreise fördern kollegialen Austausch und praxisnahes Lernen, um das Lernen zu einem natürlichen Bestandteil des Unternehmensalltags zu machen.
- Förderung der Eigeninitiative: Die Teilnehmenden bekräftigten, wie wichtig es ist, Eigenverantwortung und Selbstinitiative der Mitarbeitenden zu stärken, etwa durch individuelle Zielgespräche, Lernräume und die Anerkennung individueller Stärken und Ambitionen. Formate wie Barcamps und individualisierte Lernpfade sollen Mitarbeitende aktivieren, Verantwortung für ihre Weiterbildung zu übernehmen.
Praxisnahe Impulse und Best Practices
Besonders geschätzt wurden die Peer-Group-Treffen für ihre praxisnahen Impulsvorträge, in denen Branchenexpert*innen ihre Erfahrungen und Erfolgsstrategien teilten. Da gibt es beispielsweise “The Bosch Club” – einen innovativen Weiterbildungsansatz bei Bosch, der im frühen Stadium über eine Outlook-Kalenderlösung umgesetzt wurde. Virtuelle Termine, die von Mitarbeitenden selbst angeboten werden, schaffen Raum für soziales Lernen, sodass Mitarbeitende so niederschwellig wie möglich Zugang zu Lernangeboten erhalten. Oder die IMS Academy von IMS Gear, die durch gezielte Qualifizierungen und die Erfassung von Kompetenzprofilen im SAP SuccessFactors-System die Mitarbeitendenentwicklung strukturiert und Erfolge messbar macht.
Best-Practice-Beispiele wie diese boten nicht nur Inspiration, sondern in Zusammenarbeit mit den Teilnehmenden entstanden auch konkrete Handlungsempfehlungen. Interaktive Workshops rundeten das Angebot ab, in denen die Teilnehmenden selbst direkt anwendungsbezogene Lösungen entwickeln konnten.
Neben den fachlichen Inhalten kam auch die Vernetzung nicht zu kurz. Die Peer-Group-Treffen boten reichlich Gelegenheit für informelle Gespräche und die Knüpfung neuer Kontakte. Viele Teilnehmende betonten, dass der direkte Austausch mit anderen Akteuren der Branche eine Bereicherung darstellt und neue Perspektiven aufzeigt.
Innovationen für die Weiterbildung: Von Brezel-Dialogen bis WOOP
Die Peer Groups zeigten, wie kreative Lösungen neue Perspektiven eröffnen können. So werden etwa „Brezel-Dialoge“ – lockere Frühstücksrunden – genutzt, um informelles Lernen zu fördern. Lunch-Sessions und „Working Out Loud“-Formate ermöglichen den Austausch von Wissen in entspannter Atmosphäre. Das WOOP-Modell (Wish-Outcome-Obstacle-Plan) identifiziert Hindernisse bei Lernzielen frühzeitig und zeigt praxisorientierte Lösungswege auf. Auch Plattformen wie die IMS Academy nutzen digitale Tools wie SAP SuccessFactors, um individuelle Entwicklungsbedarfe transparent zu machen.
Führungskräfte als Schlüsselakteure
Die Rolle von Führungskräften in der Lernkultur kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie sind nicht nur Vorbilder, sondern auch Wegbereiter. Regelmäßige Gespräche über Lernziele und eine klare Einbindung von Weiterbildung in die Unternehmensziele stärken das Vertrauen und die Motivation der Mitarbeitenden. „Führungskräfte müssen Weiterbildung aktiv im Austausch mit den Mitarbeitenden fördern, etwa durch Zielvereinbarungen oder Anerkennung der Lernzeit als Teil der Arbeitszeit,“ betont Nico Stricz.
Fazit: Bildung als Wettbewerbsvorteil
Die Peer Group Treffen bewiesen einmal mehr, wie wichtig der Austausch über Kompetenzentwicklung in der Fahrzeug- und Zuliefererindustrie ist. Die Kombination aus Fachvorträgen, interaktiven Formaten und Networking-Möglichkeiten lieferte wertvolle Impulse für die individuelle und organisatorische Entwicklung und unterstrich die Bedeutung einer gemeinsamen Lösungsfindung.
Fakt ist: Eine starke Lernkultur hebt nicht nur das Potenzial der Mitarbeitenden, sondern sichert auch die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Der Schlüssel liegt in der richtigen Mischung aus Unterstützung, kreativen Formaten und strategischer Einbindung. „Weiterbildung ist kein Selbstzweck, sondern der Treibstoff für Innovation und Zukunftsfähigkeit“, fast Nico Stricz zusammen. Unternehmen, die auf diesen Zug aufspringen, investieren in ihre Mitarbeitenden – und in die Zukunft.