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Herausforderungen der Baubranche meistern: Wie KI neue Wege eröffnet

Steingauquartier in Kirchheim unter Teck. Es ist der 14. November 2024. Über 30 Gäste sind gespannt auf Impulse, wie Künstliche Intelligenz (KI) Arbeitsprozesse in der Baubranche beschleunigen, nachhaltige Materialwahl unterstützen und neue Wohnkonzepte ermöglichen kann. Der Veranstaltungsort selbst, ein Vorzeigeprojekt moderner Stadtplanung, unterstreicht die Relevanz dieser innovativen Ansätze.

Es ist Mitte November und wir sind zu Fuß auf dem Weg zum Con4rent in Kirchheim unter Teck. Wir kommen an einem roten Flitzer vorbei, der auf den ersten Blick irritiert. Das Bobby-Car mit Anhänger bringt uns kurz zum Schmunzeln. Es fühlt sich nach Innenhof eines Wohnbezirks an: ein Klettergerüst in der Mitte, Bänke am Wegesrand. Hinten am Weg sehen wir eine Dame mit Rollator, die just von einem Jugendlichen auf einem E-Scooter überholt wird. Sind wir hier richtig? Geht es hier zur Veranstaltung „Herausforderungen der Baubranche meistern: Wie KI neue Wege eröffnet“? 

 

Ja, wir sind richtig. Passender könnte die Location für dieses Thema auch nicht sein. Denn das Con4rent ist Teil des Steingauquartiers. Ein Quartier in Kirchheim unter Teck, dem eine besondere Vergabeform für die Bauvorhaben vorausging: Die Konzeptvergabe stand damals im Jahr 2015 unter dem Motto „Wettbewerb der besten Ideen“. Das führte dazu, dass aus der ehemaligen Industriebrache nicht diejenigen zum Zuge kamen, die das meiste Geld mitbrachten, sondern diejenigen, die einen gesellschaftlichen Beitrag für das Quartier und die Stadt leisten wollten.  

 

Vielfalt der Gesellschaft im Steingauquartier in Kirchheim unter Teck

Das Steingauquartier ist heute – sechs Jahre nach Baubeginn – ein Ort, der die Vielfalt der Gesellschaft abbildet. Hier wohnen über 850 Menschen: Pflegebedürftige, Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen neben Familien mit Kindern, Seniorinnen und Senioren. 

 

Das zeigt sich auch in dem Gebäude, in dem das Con4rent beheimatet ist. Hier befinden sich auf unterschiedlichen Geschossen ein Co-Working, ein Hotel, eine betreute Pflege-Wohngemeinschaft und eben ein Veranstaltungsraum, in dem am 14. November rund 30 Teilnehmende beeindruckt sind von dieser Art „Wohngemeinschaft“. 

 

Wir beginnen aktiv mit einer Begehung durch das Quartier und erleben, was das Miteinander in diesem Wohngebiet so besonders macht. Gernot Pohl (Abteilungsleitung Städtebau und Baurecht der Stadt Kirchheim) erklärt, wie es dazu gekommen ist und greift den Wandel in der Bevölkerung auf, der Einfluss auf die Stadtplanung hat. Eine immer älter werdende Bevölkerung bedarf anderer Wohnformen. Traditionelle Einfamilienhäuser, oft von nur einer oder zwei Personen bewohnt, können keine nachhaltige Lösung für die Herausforderungen der Wohnraumknappheit und der zunehmenden Vereinsamung älterer Menschen darstellen.  

 

Wie nun die KI ins Spiel kommt 

Was Gernot Pohls Vortrag folgt, sind kurzweilige Impulse von unterschiedlichen Experten über Anwendungsbeispiele für den Einsatz von KI im Baugewerbe. Beispiele, die zeigen, wo Arbeitsprozesse mit Hilfe von KI erleichtert und beschleunigt werden können. Nicht alles lässt sich jedoch vereinfachen. Herausfordernd ist es beispielsweise, wenn das KI-Modell mit Dokumenten aus dem Baugewerbe versorgt wird. Handschriftliche Ergänzungen in Bauplänen aus Altbeständen oder nicht normierte Baupläne erschweren es der KI, die Inhalte richtig zu interpretieren.   

 

Wenn es dann aber doch gelingt, die KI mit Dokumenten zu trainieren, kann es durchaus sinnvoll sein, sogenannte Large Language Models (LLMs) wie GPT-4 im Baugewerbe einzusetzen, um gezielt Informationen aus Dokumenten zu extrahieren. Auf diesen Anwendungsfall geht die Projektgruppe BauDoKI ein.

 

David Pfender von N1 Circular zeigt, wie eine App bei der Einhaltung der Ersatzbaustoffverordnung helfen kann. Wenn der Bauleiter auf der Baustelle sein Handy nutzt, um Informationen aus der Baustoffverordnung abzurufen und dabei mit einer KI-Wissensdatenbank arbeitet, ist das der erste Schritt, um passende Baustoffe auszuwählen. Außerdem kann er über die Plattform herausfinden, welche regionalen Firmen diese Materialien anbieten. 

 

Auch Robert Böker von WoodenValley findet inspirierende Worte zum Thema „regeneratives Bauen“. Er erläutert, wie KI die Materialwahl unterstützen kann, um nachhaltige und ressourcenschonende Bauweisen zu fördern. Denn: Die Bauwirtschaft ist gefordert, ihren Anteil an dem Erreichen der Klimaneutralität beizutragen.  

  

All diese kurzweiligen Vorträge geben uns wertvolle Impulse, die wir auf dem Weg nach draußen sortieren. Inzwischen ist es dunkel geworden. Im Licht der Straßenlaterne sehen wir ihn noch, als hätte er auf uns gewartet: Der rote Flitzer mit Anhänger.    

  

 

Die Veranstaltung fand im Rahmen des KI-Labs Kirchheim/Nürtingen statt.