Die Gestaltungsmöglichkeiten der kommenden Bundesregierung gewinnen durch die noch vom alten Bundestag und der Länderkammer beschlossenen Kreditermächtigungen im Rahmen eines Sondervermögens von 500 Milliarden Euro Spielräume, die bis vor Kurzem kaum vorstellbar waren. Da die zusätzlichen Mittel nicht nur für die vom Bund gesteuerten Investitionen zur Verfügung stehen, sondern auch den Landes-Etats zugutekommen, ergeben sich daraus für das Land Baden-Württemberg zusätzliche Möglichkeiten der Innovations- und Standortförderung.
Teil des Sondervermögens sind Beträge für den Klimaschutz und die Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 sowie Verteidigungsausgaben. Erstere bieten mehr Möglichkeiten zur CO2-Reduktion. Mit den neuen Regelungen für die Verteidigungsausgaben geht zudem ein erweiterter Verteidigungsbegriff einher, der unter anderem auch Cybersicherheit umfasst.
Klimaschutz und Cybersicherheit als Weichen für die Zukunft
Somit ergeben sich aus diesem Sondervermögen auf mehreren Ebenen Optionen für die baden-württembergische Wirtschaft. Nicht nur über die 100 Milliarden Euro, die den Ländern zur Verfügung stehen werden, sondern auch über Bestrebungen, die eben dem Klimaschutz und der Verteidigung zugutekommen. Denkbar sind so beispielsweise Förderungen baden-württembergischer Organisationen, die einen Beitrag zur Klimaneutralität oder Cybersicherheit leisten.
bwcon behandelt – neben anderen Trendthemen wie beispielsweise KI – seit geraumer Zeit Nachhaltigkeit und Cybersicherheit als integrale Bestandteile aller unternehmerischer Tätigkeiten. Von Investitionen in Innovationen ohne diese beiden Zukunftsthemen ist dringend abzusehen. Im Fokus der Förderung sollten Projekte stehen, die Technologien, Wertschöpfung, Weiterbildung und Veränderung integriert betrachten. Solch eine Integration setzt bislang kein öffentliches Förderprojekt voraus.
Reform der öffentlichen Fördervergabe
Aus diesem Grund und aus der bisherigen Erfahrung mit der öffentlichen Fördervergabe weisen wir darauf hin, dass für eine effiziente Verwendung die Muster der Bewertungsstruktur und Vergabepraxis dringend verändert werden müssen, um die Gelder schneller und effizienter als bisher einzusetzen. Dies beinhaltet sowohl die Bewertungsprozesse, als auch die Bewertungsmetriken, die noch immer technologiedominant sind und die anderen Aspekte in der Regel nicht vorkommen bzw. unterrepräsentiert sind. Das Sondervermögen ist auf zwölf Jahre angelegt. Allerdings darf es auch schon früher aufgebraucht werden. Insbesondere bei drängendem Handlungsbedarf, wie in den Bereichen Klimaschutz und Cybersicherheit, sind also schnelle Reaktionen gefragt. Mit fortschreitender Zeit wird schließlich noch mehr CO2 emittiert und Cyberangriffe werden von Tag zu Tag wahrscheinlicher.
Eine mögliche neue Herangehensweise wäre, die Streubreite der Förderung zu begrenzen und zu fokussieren. In der Vergangenheit vergab das Land die Gelder häufig in der Breite. Durch gezielte Investitionen an strategisch wichtigen Stellen ließe sich spürbarer Fortschritt in kürzerer Zeit erzielen. Zudem müssen die alten Bewertungsmuster bei Förderprojekten grundlegend überarbeitet werden. Bislang gelten wie seit Jahrzehnten technologie- statt marktorientierte Kriterien. Die Frage der Anwendungen und des Marktes für potenzielle Innovationen steht immer noch im Hintergrund. Wir teilen grundsätzlich die Perspektive der Technologieoffenheit der neuen Koalition, jedoch darf diese nicht zu einer Trägheit bei der Entscheidungsfindung führen. Die Wirtschaftlichkeit und Profitabilität muss ebenso beachtet werden, um langfristig Wertschöpfung aus den Innovationen zu ziehen und die Schulden aus dem Sondervermögen langfristig wieder tilgen zu können.
Innovationsbremse Fachkräftemangel: Kooperationen und Weiterbildung als Lösungsansätze
Die Erfahrungen der bwcon Gruppe zeigen: In Unternehmen kommen neue Technologien oft nicht an, weil die Fachkräfte für die Umsetzung fehlen. Helfen kann die Förderung von Kooperationen zwischen Unternehmen, um das begrenzte Fachkräftepotenzial gemeinsam zu nutzen. Da kooperative Ansätze oft nicht in bestehende Unternehmenskulturen passen, können hier gezielte Initiativen helfen. Außerdem sei Unternehmen dringend empfohlen, ihre bestehenden Mitarbeitenden systematisch weiterzubilden. Praxisorientierte Qualifizierungsmaßnahmen sind daher eine wichtige Stellschraube, um Expertise in die Organisationen zu tragen und neue Technologien nutzbar zu machen. Wir unterstützen mit entsprechenden Kooperations- und Weiterbildungsangeboten. Diese muss man aber besser in die Technologieförderung integrieren.
Digitalisierung als Katalysator für Innovationen
Abschließend lässt sich festhalten, dass 500 Milliarden Euro Sondervermögen einige Veränderungen ermöglichen, jedoch auch keine nie versiegende Quelle an Finanzierung sind. Um das Maximum aus diesem Fördertopf zu generieren, sind Katalysatoren, wie es die Digitalisierung sein könnte, notwendig. Digitale Prozesse und Produkte können positive Effekte um ein Vielfaches verstärken. Aktuell dauert die Digitale Transformation hierzulande in den Unternehmen zu lange, in den Verwaltungen findet sie kaum spürbar statt. Bürokratie wird fast überall von der Politik selbst beklagt. Maßnahmen zum Abbau dieser sind dennoch kaum sichtbar und nirgendwo spürbar. Auch hier wird die Digitalisierung als Abhilfe gehandelt, muss nun aber final Einzug in die Behörden finden. Sowohl in den Industriebetrieben, aber auch in der öffentlichen Verwaltung zeigt sich, dass Digitalisierung dann scheitert, wenn man dies als Technologievorhaben begreift. Technologie ist notwendig, hinreichend ist aber die integrierte Begleitung durch ein Veränderungsmanagement, in dem interne Widerstände, Ängste, Vorbehalte aufgegriffen und kooperativ gelöst werden.
Auf den Punkt gebracht: Handlungsbedarf notwendig
Wir betrachten zusammenfassend die folgenden Schritte als Voraussetzung für eine erfolgreiche Nutzung der zusätzlichen Mittel:
- Neugestaltung der Förderkriterien (Weg von der Technologiedominanz)
- Fokussierung statt großer Streubreite der Fördermittel
- Spürbarer und sofortiger Bürokratie-Abbau
- Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung
Ohne diese strukturellen Veränderungen führen zusätzliche Investitionen nicht zu besseren Ergebnissen, sondern ausschließlich zu höheren Schulden. Die Zusammenhänge zwischen den aus der Zeit gefallenen Förderstrukturen und der Organisation der Ministerien ist offensichtlich, sodass die Landesregierung zur sinnvollen Nutzung zusätzlicher Finanzmittel hier den ersten Schritt unternehmen sollte.
Wirtschaftsförderung und Netzwerke als sicherer Hafen in stürmischen Zeiten
Transformationszeiten laden dazu ein, noch mehr in die Zukunft zu investieren. Mit Förderoptionen an den richtigen Stellen, kann diese wieder proaktiv gestaltet werden. Wir als Wirtschaftsinitiative verstehen uns dabei als Vermittler und Partner, um Unternehmen in Baden-Württemberg in diesen Zeiten zu unterstützen und begleiten.
Ein nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum wird nur dann möglich sein, wenn Unternehmen und Wirtschaftsinitiativen gemeinsam Strategien für die digitale Transformation entwickeln und umsetzen. Die Rolle der Wirtschaftsförderung besteht darin, den strukturellen Wandel aktiv zu begleiten und Unternehmen gezielt mit den notwendigen Ressourcen, Netzwerken und Förderprogrammen zu unterstützen. Durch diese Maßnahmen kann nicht nur der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg gestärkt, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit auf globaler Ebene langfristig gesichert werden.
Über Baden-Württemberg: Connected e.V. / bwcon GmbH
Baden-Württemberg: Connected e.V. / bwcon GmbH ist die führende Wirtschaftsinitiative zur Förderung des Innovations- und Hightech-Standortes Baden-Württemberg. Als eines der größten Technologienetzwerke in Europa verbindet bwcon rund 650 Unternehmen und Forschungseinrichtungen. 6.000 Expertinnen und Experten profitieren von der systematischen Vernetzung über die bwcon Plattform. Darüber hinaus bietet bwcon ein umfangreiches Beratungs- und Betreuungsangebot sowohl für junge als auch expandierende Unternehmen an. Weitere Informationen unter www.bwcon.de.
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